Sicher den gesamten Warenfluss für die Rückverfolgbarkeit im Blick haben
Rückverfolgbarkeit bedeutet, dass das Unternehmen alle Rohmaterialien in geeigneter Weise identifizieren können und in der Lage sein muss, den Weg der sich in Verarbeitung befindlichen wie auch der fertigen Erzeugnisse auf allen Stufen von Herstellung, Lagerung, Versand und ggf. Verteilung an den Kunden nachzuvollziehen. Dabei ist es wichtig, dass die „Charge“ über alle Stufen zu verfolgen ist. Zu einer Rückverfolgbarkeit gehört daher auch immer eine Chargenverwaltung. Mit Hilfe einer Chargenverwaltung können Artikel mit einer Charge verknüpft werden. Zudem können der Charge bestimmte Eigenschaften zuordnet werden. Eine Charge verhält sich analog zu einer Seriennummer. Protokolle, Berichte, Nachweise und sonstige Dokumente sollten einer einzelnen Chargen ebenfalls zugewiesen werden können.
Heutzutage wird in vielen Branchen, wie z. B. der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie, eine lückenlose Rückverfolgbarkeit gefordert. Die Hauptanforderungen an die Unternehmenssoftware sind dabei sehr ähnlich.
Was muss entlang der Warenströme in Bezug auf eine Rückverfolgbarkeit beachtet werden?
1. Bestellung
Die lückenlose Rückverfolgbarkeit beginnt mit der Bestellung von Waren. Mit Hilfe einer Unternehmenssoftware können Lieferanten- und Artikelstammdaten verwaltet und Bestellungen einfach aus dem ERP-System heraus getätigt werden.
2. Wareneingang mit Qualitätskontrolle
Der Wareneingang stellt für die Rückverfolgbarkeit eine wichtige Grundlage dar. Beim Wareneingang wird z. B. die Ware etikettiert, in das System eingebucht und kontrolliert. Insbesondere die Etikettierung der Ware bzw. der Versandeinheiten spielt eine wichtige Rolle, um später einfach mit einer mobilen Datenerfassung arbeiten zu können.
2.1 Warenetikettierung
Beim Wareneingang wird z. B. die Ware etikettiert, in das System eingebucht und kontrolliert. Insbesondere die Etikettierung der Ware bzw. der Versandeinheiten spielt eine wichtige Rolle, um später einfach mit einer mobilen Datenerfassung arbeiten zu können.
2.2 Wareneingangskontrolle
Zum Wareneingang gehört auch die Wareneingangskontrolle mit der dazugehörigen Qualitätssicherung (QS). Wie genau die Wareneingangskontrolle erfolgen soll, kann je Ware/Artikel bestimmt werden. Wenn die QS z. B. ein Rückstellmuster entnehmen soll, kann automatisch ein entsprechendes Rückstellmusteretikett für die QS gedruckt werden. Somit weiß die QS-Abteilung, dass sie aktiv werden muss, um die Ware zu kontrollieren und dann freizugeben bzw. zu sperren.
2.3 Ware bis zur Freigabe im Wareneingangslage behalten
Solange die Ware/Charge noch nicht freigegeben wurde, sollte sie zwar schon in das Wareneingangslager eingebucht werden, aber noch nicht für die Produktion oder den Verkauf zur Verfügung stehen. Im Warenwirtschaftssystem wird dies auch ersichtlich. Der Freigabestatus der Charge ist dann noch auf „ungeprüft“. Es kann dann z. B. definiert werden, dass „ungeprüfte“ Ware zwar im Lager bewegt, aber nicht für eine Produktionsauftrag kommissioniert werden darf.
2.4 Ware nach der Freigabe der QS-Abteilung in das Hauptlager bringen und verbuchen
Wenn die Charge von der QS-Abteilung freigegeben wurde, kann sie in das Hauptlager gebracht werden und steht für die weitere Verarbeitung und die Produktion zur Verfügung. Da die Ware bzw. Versandeinheit beim Wareneingang etikettiert bzw. schon etikettiert angeliefert wurde, muss für das Umbuchen nur die Ware und der neue Lagerplatz gescannt werden.
3. Lager
Im Lager ist es wichtig, dass jede Warenbewegung gescannt und somit im System erfasst wird. Der Grundsatz Nummer 1 der Rückverfolgbarkeit ist daher: Keine Warenbewegung ohne Scannung!
3.1 Umbuchungen mit dem Handscanner
Alle Warenflüsse müssen für die Rückverfolgbarkeit mit dem Handscanner dokumentiert werden. Durch die Etikettierung der Ware bzw. Versandeinheiten und der Lagerplätze ist dies schnell und einfach möglich.
3.2 Versandeinheiten splitten und neue Versandeinheiten erstellen
Wenn Ware von einer Versandeinheit, z. B. einer Europalette, entnommen werden muss, z. B. weil sie verarbeitet oder verkauft werden soll, dann kann man die Versandeinheit splitten und für die entnommene Ware kann dann automatisch ein neues VE-Etikett gedruckt werden. Im Hintergrund muss dieser Vorgang in einer Versandeinheitenverwaltung abgespeichert werden. Die ursprüngliche Versandeinheit wird als Vater bezeichnet und vererbt seine Eigenschaften an die neue Versandeinheit. Wenn im Rahmen der Produktion oder der Kommissionierung neue Versandeinheiten erstellt werden, ist dies einfach mit dem Handscanner oder vom Computerarbeitsplatz aus möglich.
3.3 Digitales Sperrlager
Mit der Chargenverwaltung von Sage/abacus ist es möglich jederzeit eine Versandeinheit, Charge bzw. Seriennummer zu sperren. Sobald eine Versandeinheit/Charge gesperrt wurde, wird dies beim Scannen der Ware ersichtlich und somit wird vermieden, dass die Ware entnommen wird. Wenn z. B. ein Mitarbeiter versucht die Ware für einen Verkaufsauftrag zu kommissionieren und die Charge scannt, erscheint auf dem Scanner eine entsprechende Fehlermeldung. Die Ware/Charge wurde quasi automatisch in ein virtuelles Sperrlager gebracht. Die Ware kann dann im nächsten Schritt in ein tatsächliches Sperrlager gebracht oder direkt vernichtet werden.
3.4 First In – First Out (FiFo)
Bei der Lagerverwaltung und mobilen Datenerfassung kann bestimmt werden, nach welchem Lagerprinzip (FiFo vs. LiFo) gearbeitet werden soll. Sobald bei Waren das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bzw. Verfallsdatum berücksichtigt werden muss, sollte nach dem FiFo-Prinzip gearbeitet werden. Durch dieses Prinzip kann sichergestellt werden, dass Ware mit dem kürzesten MHD (also als nächsten ablaufen würde) am schnellster verbraucht bzw. verkauft werden muss.
4. Produktion
Ähnlich wie beim Lager ist es auch bei der Produktion für die Rückverfolgbarkeit wichtig, dass die Materialentnahmen mit Hilfe des Handscanners getrackt werden um zu wissen, welche Waren mit welcher Charge für die Produktion einer neuen Ware verwendet wurden. Die fertigproduzierte Ware muss dann wiederum mit einer neuen Chargennummer und mit einem Etikett versehen und dann eingebucht werden.
4.1 Ware für die Produktion kommissionieren
Auf dem Handscanner wird angezeigt, welche Materialien laut Fertigungsauftrag kommissioniert werden müssen. Durch das Arbeiten mit einer mobilen Datenerfassung ist es somit nicht mehr notwendig, dass Fertigungsaufträge für die Mitarbeiter in der Produktion und im Lager ausgedruckt werden. Nach dem Kommissionieren der Ware wird sie in das Produktionslager gebracht und über den Handscanner entsprechend umgebucht.
4.2 Fertigware produzieren und Rückmeldung tätigen
Die Fertigware wird im nächsten Schritt produziert. Dabei ist es möglich den jeweiligen Arbeitsgang/Arbeitsplatz und die dazugehörigen Zeiten zu erfassen. Wenn fertig produziert wurde, wird eine Rückmeldung getätigt. Es sollte möglich sein, dass nicht gescanntes Material (z. B. Folie) retrograd, laut den Angaben im Fertigungsauftrag verbucht werden. Somit werden die Lagerbestände für diese Materialen auch ohne Scannung im Warenwirtschaftssystem reduziert.
4.3 Qualitätskontrolle der Fertigware
Beim Tätigen der Rückmeldung kann automatisch ein Chargenetikett für die QS-Abteilung gedruckt werden. Somit weiß diese, dass sie die produzierte Charge kontrollieren muss. Wenn alles okay ist, wird die Charge freigegeben. Wenn nicht, kann die Charge gesperrt werden. Je nach Sperrgrund muss dann fortgefahren werden.
4.4 Versandeinheitenetikett für Fertigware drucken und die Fertigware in das Warenausgangslager bringen
Sobald die Charge von der QS freigegeben wurde, kann ein Versandeinheitenetikett für die Fertigware gedruckt, dann gescannt, eingebucht und in das Warenausgangslager gebracht werden.
5. Kommissionierung und Warenausgang
Auf Basis eines Verkaufsauftrags muss Ware kommissioniert werden. Auch hier gilt, dass jede Warenbewegung gescannt werden muss. Zudem können mit Hilfe des Scanners Druckaufträge für die Warenausgangsdokumente angestoßen werden.
5.1 Fertigware laut Auftragsbestätigung kommissionieren
Ähnliche wie bei der Kommissionierung für die Produktion wird auf dem Handscanner angezeigt, welche Waren laut der Auftragsbestätigung kommissioniert werden müssen. Es sollte auch möglich sein, gleichzeitig für mehrere Aufträge zu kommissionieren um so Zeit zu sparen. Auch bei dieser Tätigkeit sollte das System automatisch überprüfen, ob die Charge freigegeben ist.
5.2 Versandeinheitenetikett erstellen und Versandeinheit bedrucken
Mit Hilfe der Handscanner und der Versandeinheitenverwaltung, zusammen mit einer GS1-128 Etikettierung, sollte es möglich sein, direkt am Handscanner oder am Arbeitsplatz eine neue Versandeinheit zu erstellen und ein GS1-128 Transportetikett zu drucken. Alle relevanten Informationen zu der Versandeinheit werden mit abgespeichert.
5.3 Druck des Lieferscheins und ggf. weiterer Warenausgangsdokumente
Im Rahmen der Kommissionierung kann direkt über den Handscanner der Druck des Lieferscheins und ggf. weiterer Warenausgangsdokumente angestoßen werden. Während des gesamten Warenflusses kann somit (fast) papierlos gearbeitet werden. Es müssen nur Etiketten und ggf. Warenausgangsdokumente gedruckt werden.
5.4 EDIFACT-Schnittstelle zu Kunden/Logistikpartner
Auf Basis einer solchen lückenlosen Rückverfolgbarkeit und eines vollständigen integrierten Systems ist ein Datenaustausch zu Logistikpartnern und Kunden (wie z. B. großen Handelsketten), z. B. in Bezug auf Lieferscheine (DESADV) oder Rechnungen (INCOIC), problemlos möglich.
6. Auswertungen
Auswertungen und Berichte spielen im Rahmen der Rückverfolgbarkeit eine wichtig Rolle. Wenn es einmal zu Problemen kommen sollte, muss es schnell gehen. Anhand von Auswertung muss dann z. B. ersichtlich werden, welche Kunden die Ware mit einer bestimmten Chargennummer erhalten haben. Oder das Unternehmen selbst will schnell Ware sperren können, in der Materialien enthalten sind, die vom Lieferanten zurückgerufen wurden.
Im Rahmen der Rückverfolgbarkeit werden diverse Daten gesammelt. Die Informationen beziehen sich z. B. auf die Chargenanalysen, den Chargenstatus, den Wareneinsatz und die dazugehörigen Versandeinheiten, auf der sich die Charge befindet. Auf Basis dieser Informationen ist es möglich die folgenden Auswertung zu erzeugen.
6.1 Chargenauskunft
Eine Chargenauskunft bietet die Möglichkeit, über die Auswahl eines oder mehrerer Artikel eine Übersicht der mit diesen Artikeln produzierten Versandeinheiten und Chargen anzuzeigen. Die Anzeige kann nach freigegebenen, gesperrten oder ungeprüften Chargen und Versandeinheiten sowie einer Chargenanalyse innerhalb oder außerhalb der Toleranz unterteilt werden.
6.2 Laboranalysen
Um eine Übersicht über die durchgeführten Laboranalysen für eine oder mehrere Chargen eines Artikels zu erhalten, können die entsprechenden Laboranalysen ausgewertet werden. Es ist möglich die Auswertung auf einen Artikel oder einzelne Chargen einzuschränken. In der Auswertung wird dann die Charge mit den zugehörigen Artikelinformationen angezeigt. Laborwerte, die außerhalb der Toleranzgrenze liegen, werden rot gekennzeichnet.
6.3 Auswertungen zu getätigten Freigaben
Es ist möglich eine Übersicht über Änderungen der Freigaben und Sperrungen auf Chargen- und Versandeinheitenebene zu erstellen. Wird zum Beispiel noch nicht freigegebene Ware ausgeliefert, da die Analysen-Ergebnisse noch nicht vorliegen, kann diese Übersicht als Freigabebericht verwendet werden.
6.4 Chargenbericht
Zu jeder Charge kann ein Chargenbericht und somit eine Art „Rückverfolgbarkeitsbericht“ erstellt werden. Dieser Bericht beinhaltet die Referenzbelege der Warenwirtschaft aus Einkauf und Verkauf, in denen die jeweilige Charge verwendet sowie die Artikel (Wareneinsatz) deren Chargen zur Herstellung dieser Charge verwendet wurden.
6.5 Chargen-Wareneinsatz (In/Out)
Zu den wohl wichtigsten Auswertungen gehört der Chargen-Wareneinsatzbericht. Damit ist es möglich, über mehrere Produktionsstufen zu sehen, in welche Artikel bzw. Chargen eine bestimmte Charge (z. B. vom Mehl) geflossen ist. Zudem kann angezeigt werden, welche Kunden eine bestimmte Charge erhalten haben. Diese Information ist für einen Rückruf besonders wichtig.
Zusammenfassung
Diese Auflistung verdeutlicht, was im Rahmen einer Rückverfolgbarkeit beachtet werden muss. Dabei wird deutlich, dass die folgenden Kernfunktionalitäten abgedeckt werden müssen.
- Sicherung der Rückverfolgbarkeit von Chargen und Versandeinheiten (VE)
- Erfassung und Verwaltung von Labordaten (z. B. Größe, Temperatur, pH-Wert usw.) zu Chargen und Versandeinheiten
- Erzeugen und Druck von GS1-128-Transportetiketten (ehem. EAN 128) mit NVE (Nummer der Versandeinheit)
- Einfache Erfassung von Warenbewegungen mit mobilen Scannern
- Prüfung des Freigabestatus der Versandeinheit und Charge am mobilen Gerät, um so zu vermeiden, dass falsche oder gesperrte Ware entnommen wird
Das Rückverfolgbarkeitsbundle von abacus auf Basis der Sage 100 sorgt zum einen für eine lückenlose Transparenz und zum anderen können durch den Einsatz der mobilen Datenerfassung im Lager und in der Produktion viel Zeit gespart und Fehler vermieden werden. Weitere Informationen über die Lösung finden Sie hier.
Weitere branchenspezifische Informationen zur Rückverfolgbarkeit bzw. Traceability:
Rückverfolgbarkeit bzw. Traceability in der Lebensmittelindustrie/im Foodsektor
- Der Lebensmittelverband erklärt in einem kurzen Video, wie Lebensmittel zurückverfolgt werden.
- Die Rückverfolgbarkeit gehört beim IFS Food 6.1 zu einem der 10 KO-Kriterien. Mehr Infos zum IFS Food 6.1 finden Sie hier und dann im Kapitel 4.18.1
- Auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit informiert über das Thema Rückverfolgbarkeit und stellt einen 21-seitigen Leitfaden zur Umsetzung der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln zur Verfügung
Rückverfolgbarkeit bzw. Traceability in der Pharma- und Medizintechnikbranche
- Um zum Beispiel gegen Arzneimittelfälschungen vorzugehen, ist 2011 eine EU Richtlinie 2011/62/EU in Kraft getreten, die unter anderem eine Rückverfolgbarkeit von pharmazeutischen Produkten ermöglichen soll. Wichtige Informationen zur Arzneimittelfälschung stellt hier das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Verfügung.
- Hier informiert das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum eStandards über mehr Sicherheit für Patienten durch lückenlose Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten mit Hilfe von UDI (Medizinproduktkennzeichnung).
Fragen?
Wenn Sie Fragen zur Rückverfolgbarkeit haben, können Sie sich gerne bei uns melden. Schreiben Sie bitte eine E-Mail an Britta Knüppel bknueppel@abacus-edv.de oder rufen Sie uns direkt an (Telefon: +49 38852 601-0).
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Dieser Beitrag wurde am 26.08.2020 von Katja Grzebiela erstellt.